Lammzungen in Cellophan verpackt

GEDICHTE UND FOTOS

Einzingers Gedichte sind auf den ersten Blick illusionslose Bilder - wörtlich und fotografisch aus unseren unmittelbaren Lebensräumen: Asphaltlandschaften, Warenhäuser, TV-programmierte Freizeitwelt. Sie tauchen als Sprachmaterial auf an dem die Wahrnehmung neu einsetzt. In fragmentarischen Momentaufnahmen, Erinnerungen und Erfahrungen wird das scheinbar Vertraute durchschaubar gemacht über den Weg der Irritation. Das subjektive Verarbeiten von detaillierten Beobachtungen und Handelsabläufen verliert jedoch seine Belanglosigkeit durch die Betroffenheit und durch den symptomatischen Zusammenhang,in dem diese Beobachtungen stehen. Denn sie sind Ausdruck dafür, daß sich in der klarsichtverpackten Konsumwelt die Bewegungen des Bewußtseins und seine Deformationen spiegeln Deformationen, die keineswegs nur individualistisch sind. Die hier gesammelten Texte stellen eine Form von Lyrik dar, die in Verbindung mit der Pop Art-Bewegung gesehen werden kann. Sie ist Dokumentation von und Protest gegen die Hypertrophie unserer technisierten Zivilisation und zugleich Zeichen der Sehnsucht, sie zu überwinden. Einzinger unternimmt den Versuch, im Leser einen Widerstand zu wecken gegen das gedankenlose Funktionieren im gesellschaftlichen Gefüge, das ein Auslöschen der Phantasie bewirkt. Die Texte in "Lammzungen in Cellophan verpackt" sind zusammen mit den Fotos im weitesten Sinne als Landschaftsgedichte zu verstehen, die in ihrer Folge Momente des Aufatmens und der Entfremdung wiedergeben vor dem Hintergrund der bis zur Unbewohnbarkeit veränderten Lebensräume und -bedingungen.

 

 

erschienen 1977 im

Winter Verlag

 

ISBN: [3-8538-0017-3]