Auf die Berge, durch die Täler, quer durch alle Gegenden der Welt: Erwin Einzingers literarische Wege führen leichten Fußes über Stock und Stein.
Wer sagt denn, dass die Welt schon entdeckt ist? Folgt man den Geschichten in Ein Rucksack voller Steigeisen, gehen einem die Augen auf: Heiter und kundig, leichtfüßig und doch mit gewichtigem Gepäck durchstreift Erwin Einzinger die Erde, nimmt Abzweigungen und ausgesetzte Panoramarouten. Immer mit dabei: Romane, Sagen und Legenden für die Lektüre unterwegs, und die Musik, die man sich als Soundtrack im Hintergrund vorstellen kann. Zwischen Geröllfeldern, Talschlüssen und Gletscherzungen macht er sich auf den Weg zu Orten und Menschen, die man in der Literatur selten findet.Wie kaum ein anderer versteht es Erwin Einzinger, vom Hundertsten ins Tausendste zu kommen - und ehe man sich's versieht, findet man sich lesend am Fuß der Ostkarpaten oder am Oberlauf des Blauen Nils wieder. Ein Buch für Weitwanderer und Bergsteigerinnen, und für alle, die das Spektakel lieber vom Lesesessel aus verfolgen!
erschienen 2023 im Verlag
JUNG UND JUNG
ISBN: [978-3-99027-276-3]
Ein allerhöchstes Vergnügen: Erwin Einzinger packt für sein neues Buch einen Rucksack voller Steigeisen und auf geht's! Aufi, obi, ummi in die Welt.
BERNHARD FLIEHER
SALZBURG. Mauna Kea heißt der höchste Berg der Welt. Zumindest wenn man den ganzen Bergstock misst, der nämlich weit unten im Meer vor Hawaii anfängt. Von dort sind's 10.000 Höhenmeter bis zum Gipfel. Keine Chance für den Everest. Und auch nicht fürs Stuhleck, das Stilfser Joch oder den Chimborazo. Dass Letzterer Ecuadors höchster Berg ist, muss man nicht wissen. Aber wie die anderen Genannten und viele, viele mehr kommen sie bei Erwin Einzinger vor. Der macht sich in seinem neuen Buch „Ein Rucksack voller Steigeisen" nämlich auf durch die Gebirge dieser Welt. Das ist eine mögliche Beschreibung seines neuen Werks, aber doch gleich wieder ein herrlicher Irrtum.
Es geht jedenfalls um Tracht und Klänge, um Bräuche und Neumodisches, um Funktionsjacken und Dante und Petrarca, Frank Zappa und Plastikbecher, um Abgestürzte und Heldenhafte, um Ringelsocken und sogar ein Bond-Girl taucht auf. Steine werden umgedreht. Um diese Mischung ganz logisch zu finden, muss man wissen, dass der Oberösterreicher Einzinger, im Mai wurde er 70 Jahre alt, ein Info-Dickicht und Anekdoten-Buschwerk wuchern lässt, ein Konglomerat auftürmt, wozu draußen in der Natur ganze Erdzeitalter vonnöten waren. Es gibt bei ihm keine lineare Erzählstruktur. Dafür aber öffnet Einzinger stets neue, kleine Welten und in der Fülle seiner Beobachtungen wird das Bild der (Gebirgs-)Welt daraus. Während die Berg bröckeln und ein neues Klima die Gipfel wegbrechen lässt, wandert man mit Einzinger weiter.
Bergführer also? Wanderanleitung? Geologisches Seminar? Historischer Abriss? Blätterei durch Chronikseiten von Lokalzeitungen oder in Gipfelbüchern? Alles, und doch nichts davon. Immer aber eine Kette von virtuos verschachtelten und dann doch wieder gar nichts miteinander zu tun habenden Abschweifungen, Ausritten und Assoziationen. Was von den oder innerhalb der Miniaturen stimmt? Man weiß es nicht. Ist auch egal. Und wenn man eine Pause einlegen will, kann man sie ja nutzen, um vom Buch aus nach irgendeiner Wahrheit weiterzugoogeln. Was raffiniert erfunden sein könnte, bleibt ebenso Geheimnis. Die kurzen Texte kommen so logisch wie irrsinnig daher. Da werden echte Namen ins Geschehen geworfen und Namenlose bei der Freude und den Mühen des Alltäglichen beobachtet. Die Vielfalt ist überwältigend. Doch das Tempo ist stets wohldosiert, dass es einem bei diesem Durchstieg nicht gleich und dauerhaft den Atem raubt. Skizzen, kurze Schnappschüsse sind das, Momentaufnahmen und kleine, längstenfalls eine Seite umfassende Portionen sind das, mit denen Einzinger seinen eigenen Stil zelebriert. Radikal in seiner scheinbar wilden Anordnung ist das, aber immer leicht lesbar, leicht, wie es das Gehen einer Runde auf einer flachen Almwiese ist in der man sich eben auch in Farben oder Düfte oder zwischen Felsbrocken verirren kann. Einzinger perfektioniert diese Verwebung seit seinem Prosadebüt "Erschrecken über die Stille, in der die Wirklichkeit weitermachte" vor 40 Jahren.
„...unter der unscheinbaren Alltagskruste" steht da an einer Stelle und weiter heißt es, dass dort „oft noch manches schlummert". Genau dorthin bewegt man sich mit Einzinger. Eingeteilt hat er das in 18 Kapitel. Sie heißen „Jeder Stein wirft einen Schatten" oder „Und jetzt Musik“ oder „Eine Geierfeder auf dem Schotterpfad" oder „In Sichtweite der Gletscherzunge". Freilich geben auch diese Titel nie endgültig darüber Aufschluss, wohin die Tour führt. Aber Ziele sind - erst recht in der Literatur - überbewertet. Denn wertvolle Fundstücke, glänzend formuliert, sprachlich feingeschliffen, im Einzelnen reduziert aufs Nötigste, damit es im Gesamten ein Weltbild ergibt, findet man eher entlang des Weges als am Endpunkt. Einzinger klaubt diese Fundstücke auf, macht sich die Mühe, sie zu polieren und sie dann für uns hinzulegen, damit auch wir etwas von ihnen haben. Diese Tour ist allerhöchstes Vergnügen.
Buch: Erwin Einzinger: „Ein Rucksack voller Steigeisen" (Jung und Jung, 2023). Live und Präsentation der neuen, Einzinger gewidmeten Ausgabe der Literaturzeitschaft „Salz" am Dienstag, 13.6./Literaturforum Leselampe/Literaturhaus Salzburg.
Leseprobe
Der Mont Ventoux, jenes gut 1.900 Meter hohe Bergmassiv in der Provence, wurde im Zuge der Besteigung und Beschreibung durch den Dichter Francesco Petrarca im Jahr 1336 bekannt. In einem Brief schildert er das außergewöhnliche Panorama, das sich ihm vom Gipfel aus bot. Zum ersten Mal wird hier das Bergsteigen als Selbstzweck betrachtet. Kulturwissenschaftlich gilt dies als Schlüsselmoment an der Schwelle vom Mittelalter zur neuzeitlichen Natur- und Landschaftserfahrung; manche sehen darin bereits auch die Anfänge des Alpinismus.
Diese Episode ließe sich bildlich für Erwin Einzingers jüngstes Buch heranziehen, in dem das Besteigen von Bergen Leitmotiv ist – und das Schreiben per se sichtlich Zweck. Die 18 Kapitel des Bandes, denen stets Berg-Icons als Vignetten vorangestellt sind, laden uns ein, die Welt mit neuen Augen zu betrachten: "so eindrucksvoll zeigt sich das ganze Panorama", heißt es bezeichnenderweise einmal. Ein stringentes Narrativ ist des Autors Sache nicht; vielmehr hält er uns dazu an, mit ihm durch diese Textlandschaft zu mäandern und – ganz wie beim wirklichen Wandern – bei jeder Etappe kleine, wundersame Entdeckungen zu machen. Was ihm des Weges kommt, wird aufgeschnappt und in dieses weltumspannende Poem integriert, und sei es noch so beiläufig oder banal. Allein wie er das macht, ist alles andere als dem Zufall überlassen. Wie ein großflächiges, in komplexer Musterung gefügtes Mosaik wirkt das, was Erwin Einzinger aus Sprache und Sprechweisen kreiert.
Ein Teil des Leseerlebnisses besteht sicher darin, in diesem Berg aus Sprache nach und nach eine Art Rapport auszumachen, eine Wiederholung von Mustern, von Motiven: Kaum mehr verwendete Mundartausdrücke begegnen einem dort und da (angewischerlt, Brustgeschirr, Zwutschgerl), desgleichen Marker der ländlichen Welt, die im Verschwinden begriffen sind (Heuschober, Sensen, Holzknechtlieder). Das einst so beliebte Gummihüpfspiel, das heutigen Kindern wohl kaum mehr was sagt, findet hier ebenso seinen Platz wie der hochsprachlich als Fernglas geläufige "Gucker". Neben solche Residuen von einst gesellen sich Neologismen, die erst jüngst in den deutschen Wortschatz eingesickert sind (FlixBus, Elektroscooter, SUV), sowie Begriffe, die ein anderes Lebensgefühl evozieren: Wohlfühlpension, Katastrophenjahr, Verschwörungstheorien. Man merkt: Allerorten sind Strukturwandel im Gang, die Globalisierung und neoliberale Ökonomien haben sämtliche Winkel unserer Welt erfasst. So tummelt sich im "Land der Berge" denn auch ein multinationales Figureninventar, nicht anders als in der Himalaya-Region, den Ostkarpaten oder am Ural. Und diese durchs Bild huschenden Personagen sind ohnehin nur Mittel zum Zweck, diverse Formen des Erzählens, Berichtens, Kommentierens durchzuspielen. Diese ständige Bewegung, der permanente Wechsel der Perspektive treibt das Geschehen voran und hält einen bei der Lektüre gehörig auf Trab.
An mehrdeutigen Verweisen auf das Schreiben mangelt es wie üblich bei Einzinger nicht; so manches Insert ließe sich auf sein eigenes Vorhaben beziehen. Bereits Buchseite zwei legt diese Lesart nahe: "Einer seiner Freunde trägt sich schon seit längerem mit dem Gedanken, Material zum Thema 'Mensch und Berge' anzuhäufen, um es irgendwann vielleicht zu publizieren. Daß da auch Unfälle und Katastrophen eine Rolle spielen würden, war wohl zu erwarten." In der Tat bildet dies ein wiederkehrendes Motiv, die ganze Palette möglichen Unheils im Gebirge, scheint's, findet sich hier im Buch durchdekliniert. Regelrechte Listen, die an Lexikoneinträge gemahnen, formieren sich vor dem inneren Auge der Leserin, auch angesichts der Nennung berühmter Männer aus Kunst und Kultur (an Frauen sind – wen wundert's? – nur Jazz-Gitti und Isadora Duncan vertreten), oder der Aufzählung unguter körperlicher Geschichten, vom "Mundgerücherl" über Pusteln bis zur Krampfadern-OP. Wir dürfen uns den Autor beim Schreiben wohl über solch' sorgsam angelegten Wortregistern sitzend imaginieren, umgeben von Atlanten, Naturheilkundebüchern, Kinderenzyklopädien ... Seine literarische Leistung besteht darin, dies alles so leichthändig wie virtuos zu arrangieren, dass immer mal wieder irgendwo, irgendwie Teilchen davon aufblitzen, was über die gesamte Textfläche hinweg ein horizontales Oszillieren bewirkt.
Auf dieses Making-of wird im Buch selbst wiederholt verwiesen – in aparten, teils verquasten Bildern, bei denen man nicht umhinkann, sie auf die Anlage des Ganzen zu beziehen: "Ob flinke Fliesenleger oder begabter Goldschmied: Beide müssen irgendwie das Grobe und das Feine balancieren und zum Leuchten bringen. Und die Freude, wenn am Ende eines Tages etwas gut gelungen ist, zählt viel mehr als jedes Lob." Fraglos versteht der Autor es auch, "emotionsgeladene Exkurse einzubauen und fremde Kraftquellen ausgiebig anzuzapfen, mit deren Hilfe er zu einem Rhythmus im Erzählen findet, der zwischendurch sogar begeistern kann." Zu dieser Rhythmisierung tragen auch Wortzusammensetzungen bei, die visuell wie Buchstabenschlangen wirken und akustisch wie zungenbrecherische Rap-Passagen: Schmalspureisenbahnverbindung, Waldameisenpopulation, Schützenvereinslokalgeschichten, Hinterhoffriseursalon. Und gelegentlich finden sich gleich mehrere der Einzinger'schen Stilelemente ineinander verschachtelt: "Es gibt auch hier natürlich Ehebruchsgeschichten, Glanz-und-Gloria-Geschichten und Kaminfeuergeschichten. Selbst Eiertanzgeschichten und Beschwerdebriefkastengeschichten kommen vor. Waldbrandgeschichten mehren sich im Sommer je nach Blitzschlaghäufigkeit." Mit dem Schaffen des Autors gut Vertraute werden immer wieder auch Querverbindungen zu anderen seiner Werke finden: Die Gold-Metapher etwa durchzog schon den Kirgisischen Western, und allenthalben tönen aus den Seiten Sounds, wie einst in der Geschichte der Unterhaltungsmusik. Nicht nur die zahllosen Mini-Episoden in jedem Band greifen Zahnrädchen gleich ineinander, auch die einzelnen Bücher, ob Gedichtsammlungen oder Romane, kommunizieren immer irgendwie.
Mit seinem Œuvre hat sich Erwin Einzinger einen ganz eigenen Platz in der österreichischen Literatur erschrieben. Als ein "stiller Gigant" (wie einer ihn nannte), der in keine Schublade gepresst werden will, der sich dem 'International Style' des Erzählens seit je widersetzt und dessen Werk folglich so gut wie unübersetzbar ist. Nicht anders als die, die seine Schreibweise schätzen, weiß er durchaus um seinen besonderen Wert – was manche Passagen im vorliegenden Band auch auf diskret-verschmitzte Weise vermitteln: "Dennoch passieren immer wieder Dinge, mit denen niemand rechnen konnte. So etwa erklärte vorgestern ein Herr mit sanfter Stimme auf einem Kultursender, daß Bücher, wenn sie denn gelungen seien, zumindest insgeheim stets ein Gefühl der eigenen Bedeutungslosigkeit vermitteln müßten." Als einer, der in seinen Werken die treffendsten Autokommentare immer schon selbst aufbietet, nimmt er sogar der Kritik das Heft aus der Hand. Das mache ihm einmal eine(r) nach!
Den Abschweifungskünstler Erwin Einzinger zieht es
mit einem ,,Rucksack voller Steigeisen" ins Gebirge
Erwin Einzinger, der im Mai seinen 70er begeht, ist ein Mann der Peripherie. Das Werk dieses stillen Giganten hält sich ein wenig versteckt vor einer breiteren Leserschaft und vom Marktplatz der literarischen Eitelkeiten. Nicht dass der Autor sich bewusst am Rand positionieren würde. Sein Literaturverständnis führt ihn zwangsläufig dorthin.
Der Germanist Wendelin Schmidt-Dengler hat es einmal so formuliert: "Einzinger nimmt nicht an der Autoren-Rallye teil, die zu allen Punkten gängiger Themen wie Ichverlust, Beziehungsproblematik, Krise des Intellektuellen führt. Er gehört zu jenen, die wissen, dass ernstzunehmende Literatur sich nicht durch den abgehaspelten Katalog der Konversationsthemen ausweist, sondern durch reflektierte Gestaltung."
Wer eines von Einzingers Büchern aufschlägt, darf keinen linearen Plot erwarten. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Oberösterreicher schwierige, experimentelle Literatur produzieren würde, vielmehr hat er eine eigene, fragmenthafte und doch schillernde Form des Erzählens kultiviert.
Das Werk dieses Abschweifungskünstlers, der vom Hundertsten ins Tausendste und noch weiter kommt, basiert auf Notizbüchern, in denen er auch, ja gerade die scheinbar nebensächlichsten Beobachtungen festhält. Es braucht einen bestimmten Impuls, dann durchforstet der Autor die Notizen nach brauchbarem Material zu einem Thema. Daraus entstehen Erzählbruchstücke von meist nicht mehr als einer Seite Umfang. So war es beim Meisterstück "Aus der Geschichte der Unterhaltungsmusik" (2005), und so ähnlich dürfte es sich auch beim neuen Buch "Ein Rucksack voller Steigeisen" verhalten haben, in dem es den im Kremstal lebenden Autor und passionierten Waldgänger in die Berge zieht. Das Wandern und Bergsteigen, Natur, Tier und Mensch sind die losen thematischen Fäden, die die Abfolge von Kürzestgeschichten miteinander verbinden. Ein Roman ergibt sich aus der Fülle an Bildern, Figuren, Details und oft schrägen Fakten nicht. Sei's drum!
Einzingers langjähriger Verleger Jochen Jung pflegte den Autor immer wieder anzuspornen: "Du musst eine Straße bahnen, die man weitergehen will." Darauf dieser: „Das ist das größte Problem bei meinen Schreibabenteuern. Oft geht der Text den Weg, den man überhaupt nicht erwartet."
Einzinger hat andere Trümpfe im Ärmel. Seine Texte sind so voller Welt, dass sie den Wunsch nach einer welthaltigen Literatur geradezu übererfüllen. Diesmal beginnt der Streifzug mit einer Beerdigung in heimatlichen Gefilden. Bergkameraden haben sich am Grab eines Lawinenopfers zusammengefunden. "Bayrisches Sauerkrautpathos" umflort die Worte des Trauerredners. Es sind nicht zuletzt solche Details und Wendungen, die Einzingers Texte auszeichnen. Danach geht es nach Afrika, die USA und noch weiter. Hin und wieder wendet sich Einzinger mit schalkhaften Einwürfen und poetologischen Bemerkungen an die Leser. Etwa so: "Die wirklich kostbaren Momente drängen sich in Wahrheit nur sehr selten auf. Sie zusätzlich zu polieren, ist in den meisten Fällen gar nicht nötig, denn auch das Ungeschliffene hat seinen Reiz, und manchmal ist sogar das Quietschen eines rostigen Garagentors am Rand von Kennewick ein heimliches Signal."
Der Sprung von einer allgemeinen Uberlegung zu einem konkreten, überraschenden Objekt verleiht dieser Passage eine eigentümliche Poesie. An seinen besten Stellen beginnt der Text zu leuchten oder ein wenig zu schweben. Dann wieder erinnern die zusammengetragenen Begebenheiten, die Berufe der Beteiligten und aufgelesenen Ortsnamen ein wenig an ein Kuriositätenkabinett.
Bei hastigem Genuss kann diese Prosa die Wahrnehmung überreizen. Am besten liest man nicht mehr als drei, vier Seiten auf einmal. Der Autor wird über dieses Lob nicht böse sein: "Ein Rucksack voller Steigeisen" ist erstklassige Klolektüre.
Erwin Einzinger ist der Verzettelungskünstler in der österreichischen Literatur. Seine Bücher sind randvoll mit Geschichten, die auszuerzählen er sich aber gar nicht erst die Mühe macht. Er tippt gerade einmal an, welche Ereignisse in einem Leben Einfluss auf eine Person nehmen, das genügt ihm schon. Das mag große, dramatische Umwälzungen ebenso betreffen wie unscheinbare Begebenheiten des Alltags, die einem Außenstehenden nichtig erscheinen mögen. Waltet hier das Prinzip Zufall? Nicht nur, dahinter steckt eine Methode, die einen besonderen Blick auf die Welt garantiert. Es verbirgt sichein tiefes Misstrauen gegenüber dem klassischen Erzählen in Einzingers Weltsicht, das ganz darauf getrimmt ist, Kontinuitäten herauszuarbeiten und die Sinnhaftigkeit allen Geschehens zu bestätigen. Das System Einzinger zusammengefasst in einem Satz: "Groteske Zufälle, verknüpft mit ganz banalen Handlungen, bringen Bewegung in erstarrte Abläufe." Unauffällig versteckt in seinem jüngsten Buch, ist das als Bekenntnis zu nehmen für seine Ästhetik des Drüberhinweghuschens.